Weihnachtsnachruf

Weihnachten – geschafft!

Wieder einmal ist Weihnachten geschafft. Nach dem offiziellen Ende der Weihnachtszeit am Fest der Taufe Jesu wurde es Zeit, das Wohnzimmer wieder in Normalzustand zu bringen. Die Christbaumkugeln kamen wieder auf den Dachboden, die Krippenfiguren wieder in ihren Kisten verstaut. Zum letzten Mal „O du fröhliche, o du selige“ singen, ein letzter Blick auf die wenigen Lichterketten, die in den Tagen nach dem 06. Januar noch geleuchtet haben.

In diesem Jahr ist mir etwas Sonderbares aufgefallen: Dass ich eigentlich die Adventszeit viel mehr mag, als das Weihnachtsfest selbst. Das ist durchaus komisch. Denn der Advent ist ja „nur“ die Vorbereitungszeit auf das große Fest. Der Advent ist Hinführung und Einstimmung – die wirklich große Feier ist aber Weihnachten. Die Adventszeit ist besinnlich und nachdenklich, zurückhaltend und einfühlsam. Weihnachten dagegen ist Engelsgesang und freudiges Orgelspiel, Weihrauch und Glockenklang, „Gloria“ und Festtagsbraten. Weihnachten ist wichtiger als der Advent.

Advent oder Weihnachten?

Was mich allerdings immer mehr beschleicht, ist das Gefühl, dass Weihnachten nach dem Heiligabend eigentlich schon wieder vorbei ist. Vielerorts werden die Weihnachtsmärkte nach dem 24.12. abgebaut, Christbäume vor Silvester schon entsorgt, selbst im Radio werden nach den Feiertagen keine Weihnachtslieder mehr gespielt. Mit dem Heiligabend ist der Anfang vom Ende eingeläutet. Weihnachten ist vorbei, bevor es begonnen hat.

Mir ist aber noch ein anderer Gedanke gekommen: Advent ist sehnsüchtiges Warten – Weihnachten ist Erfüllung der Erwartung. Vielleicht ist mir der Advent gerade deshalb auch so lieb, weil ich mich selbst darin so gut wiederfinden kann. Meine Sehnsüchte und Träume, mein Ausschauhalten nach einer besseren Welt, meine Hoffnung und Zuversicht: all dies hat seinen Platz im Advent. Die biblischen Texte, die wir in dieser Zeit hören, die Lieder, die wir singen, sie alle beinhalten diese Sehnsucht und bringen sie zum Ausdruck. Mein Leben ist nicht Erfüllung. So vieles ist noch offen, so viel Sehnsucht und Hoffnung begleitet mich Tag für Tag. In der Adventszeit klingen diese Gefühle wider, sie bekommen in unseren Gottesdiensten einen Resonanzraum.

Der Sehnsucht Raum geben – Erfüllung erwarten

An Weihnachten feiern wir die Geburt des Kindes in Betlehem. Wir feiern, dass sich die prophetischen Verheißungen der Adventszeit erfüllt haben. Die Hoffnung der Menschen läuft nicht ins Leere. Es gibt einen Sinn, das sehnsuchtsvolle Rufen der Menschen wird erhört. Gott erbarmt sich und wendet sich uns in Liebe zu. Das ist Weihnachten: Erfüllung und Vollendung, Versprechen werden eingelöst und den Menschen wird das Heil zuteil, auf das sie so lange schon gewartet haben.

Mir persönlich jedenfalls ist die Adventszeit irgendwie sympathischer. Es mag darin liegen, dass mich in ihr viel besser wiederfinde. Erfüllung und Vollendung gibt es auch in meinem Leben. Aber viel größer sind doch Sehnsüchte und Hoffnungen, die mich begleiten und mein Leben ausmachen. Im Advent werden sie ins Wort gefasst. Im Advent schafft man ihnen Raum. Hier finde ich mich wieder. Hier darf ich mit so vielen anderen rufen: „Komm doch, wir warten auf dich. Komm und wende dich uns zu“.

 

Beitragsbild: Waldemar L., wikicommon

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